Stimmen by Ursula Poznanski

Stimmen by Ursula Poznanski

Autor:Ursula Poznanski [Poznanski, Ursula]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644213111
veröffentlicht: 2015-03-06T23:00:00+00:00


Leonie Plank hielt sich an einer großen Tasse Kaffee fest, hatte aber in den fünf Minuten, die sie Beatrice bereits gegenübersaß, noch keinen einzigen Schluck daraus getrunken. «Ich kann es immer noch nicht glauben», sagte sie. Ihr Blick löste sich von der trübbraunen Flüssigkeit und arbeitete sich dann bis zu Beatrices Gesicht hoch. «Es ist Maja bessergegangen in den letzten Wochen. Ich weiß, das kommt Ihnen unwahrscheinlich vor, so wie Sie sie erlebt haben, aber die Therapie hat wirklich gut angeschlagen. Keine Zusammenbrüche mehr, kaum noch selbstverletzendes Verhalten.» Plank presste die Lippen zusammen, und Beatrice ahnte, was in ihr vorging. Selbstvorwürfe.

«Noch ist nicht erwiesen, dass es sich um Selbstmord handelt», sagte sie behutsam. «Wir ermitteln auch in Richtung Mord.»

«Aber … das ist –» Die Ärztin fuhr sich durchs Haar. «Lächerlich, entschuldigen Sie bitte. Wer sollte ein Interesse an Majas Tod haben? Wem hätte sie im Weg sein können? Mein Gott, ich habe so intensiv mit ihr gearbeitet, sie war ein so kostbarer Mensch …» Flüchtig streifte Beatrice der Gedanke, dass Majas Tod ihrer behandelnden Ärztin stärker zu Herzen ging als ihrem Stiefvater. «Undenkbar ist eine Gewalttat nicht», sagte sie. «Da waren einmal die Auseinandersetzungen mit anderen Patienten – die mit Walter Trimmel zum Beispiel haben wir ja gemeinsam miterlebt. Und dann Majas ständige Anspielungen – wenn man das Anspielungen nennen kann. Wäre es nicht möglich, dass etwas Wahres dran war?»

Ein müdes Lächeln wanderte über Planks Gesicht. «Sie meinen, einer der Ärzte hätte sich an ihr vergriffen?»

Beatrice beobachtete sie aufmerksam. «Halten Sie das für unmöglich?»

«Offen gestanden, ja.» Plank seufzte. «Wissen Sie, was für ein Risiko sie damit eingehen würden? Strafrechtliche Verfolgung, Verlust der Approbation – das alles für ein bisschen Spaß mit einem kranken Mädchen?» Sie schüttelte den Kopf. «Ich kenne meine Kollegen, und glauben Sie mir, ich weiß, dass es nicht alle Engel sind. Aber jedem einzelnen von ihnen ist seine Karriere wichtig. Auch Herbeck, obwohl man es bei ihm vielleicht am wenigsten vermuten würde.»

Vibrieren in Beatrices Jackentasche. Sie zog ihr Handy heraus, in der vagen Hoffnung, es würde Florin sein, der sich auf den Weg in die Klinik machte. Sie hatten sich heute Morgen nur sehr kurz gesehen. Er hatte sich bereit erklärt, bei Majas Obduktion anwesend zu sein, und war noch vor acht Uhr in die Gerichtsmedizin aufgebrochen.

Doch es war Achim.

Beatrice überlegte kaum zwei Sekunden lang. Sie drückte das Gespräch weg und steckte das Handy zurück in ihre Jacke. Ihre Miene musste Bände sprechen, denn Plank konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. «Ein ungeliebter Vorgesetzter?»

Beatrice unterdrückte ein Seufzen. «Nein. Mein Exmann.»

«Oh.» Plank nahm die Brille ab und legte sie neben ihre Kaffeetasse. «Und der Vater Ihrer Kinder, vermutlich.»

«Ja. Genau das ist das Problem.»

Der leicht schief gelegte Kopf und der interessierte Blick der Ärztin waren eine wortlose Aufforderung weiterzusprechen. Sehr professionell, sehr gekonnt, fand Beatrice. Na gut, dann würde sie noch ein bisschen erzählen, in der Hoffnung, dass die Information nicht einseitig blieb.

«Er ist ein einziger Vorwurf, wissen Sie? Egal, was ich tue: Es ist das Falsche und schadet unseren Kindern.



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